SM 12: Standard D-S
Mit 25 Paaren konnte ein erfreulich grosses Startfeld einmarschieren, darunter entdeckte man viele begeisterte 10-Tänzer (darunter auch vier spätere Finalisten), was zeigt, dass endlich auch in der Schweiz wie in den meisten anderen Ländern bis zu den Spitzenpaaren beide Disziplinen getanzt werden. Dies ist – insbesondere auch vom Trainingsaufwand her – eine herausragende Leistung!
Allgemeines
Das Standardtanzen hat in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung gemacht. Um die viel spektakuläreren Choreografien in den oberen Klassen tanzen zu können, verlangt es mehr Mut zum Risiko, viel Kontrolle und Körperspannung. 100% zu geben reicht nicht mehr, beide Partner müssen in ihrer Rolle bereit sein, die Grenzen auszuloten und zu überschreiten.
Vorrunden
In den Vorrunden fielen mir insbesondere die jungen Paare auf. Speziell zu erwähnen sind Flavio de Sa & Diana Schell, die grosses Potential haben und – zwar noch verkrampft in der Oberlinie – mit viel Herzblut und Freude zeigten, dass Standardtanzen das verstaubte Image abgelegt hat.
Wenn Tänzer nach einem längeren Unterbruch auf die Fläche zurückkehren, müssen sie meistens eine Durststrecke durchlaufen, bis sie die zwischenzeitliche Entwicklung aufgeholt haben. So ging es auch Martin Märki oder in der Sen I-Klasse Thomas Gisler, die zwar routiniert wirkten, sich jedoch noch etwas Zeit geben müssen, den aktuellen Standardstil zu implementieren. Wir freuen uns natürlich sehr, sie wieder auf der Tanzfläche zu sehen!
Halbfinal
Den 10. Platz teilten sich zwei sehr junge 10-Tanzpaare mit grossem Potential: Das Geschwisterpaar Casper & Josephine Knudtzon hat Talent und tanzte harmonisch, es fehlt aber ganz offensichtlich noch an Erfahrung in einem grossen Startfeld (Floorcraft!). Ähnlich ging es auch Matteo Annoscia & Alessia-Allegra Gigli, die erstaunlich gut mit ihrem Grössenunterschied klarkommen.
Gemeinsam auf dem 8. Platz finden wir Nemanja Buovski & Anna Garevskikh, die zwar eine stabile Leistung zeigten, sich jedoch durch ihr eher verhaltenes Tanzen noch nicht für den Final aufdrängten, sowie die vielversprechenden Geschwister Fabio & Angela Landolfi, deren Oberlinie noch etwas verkrampft war und die den unterschiedlichen Rollen der beiden Partner im Standardtanzen und der Paarharmonie mehr Priorität geben sollten.
Knapp hinter dem Final landeten Joep Mutsaerts und Sulekha Buhala-Mukherjee. Sie punkten generell auf den ersten Blick durch ihren tollen Look. Die Erwartungen der Wertungsrichter und des Publikums sind deshalb immer sehr hoch. An diesem SM-Nachmittag konnten sie diese dann im Vergleich zu den Finalisten bezüglich Schwung und Dynamik manchmal nicht erfüllen. Trotzdem – der Einzug ins Finale wäre möglich gewesen.
Final
Die sechs Finalpaare steigerten sich am Abend enorm und zeigten eine mitreissende Darbietung auf sehr hohem Niveau.
Auf dem 6. Rang findet man das letztjährige Vizeschweizermeisterpaar Mariano Antoniello & Sara Pellegrino. Es war leider nicht ihr Tag! Das routinierte Paar fiel durch schönes Tanzen und eine sehr gute Floorcraft auf. Es gelang ihnen jedoch nicht, den Raum zu füllen, und es fehlte ihnen vor allem am Nachmittag an Spritzigkeit und Biss.
Den 5. Platz erreichten David Büchel & Flavia Landolfi. Am Nachmittag musste man sie im grossen Feld noch suchen. Sie zeigten zwar gute Qualität, aber auch immer wieder schwächere Passagen und es fehlte – ausser im Quickstep – etwas an Leidenschaft und am raumgreifenden Tanzen. Ganz anders am Abend. Der erneute Finaleinzug beflügelte das Paar und lässt auf die Zukunft hoffen.
Beat Künzi & Barbara Krebs scheinen nach einer fast zweijährigen Durststrecke wieder zur alten (bzw. zu einer neuen noch besseren) Form gefunden zu haben. Nach dem Einzug ins Finale zeigten sie gelöstes und freudiges Tanzen und erreichten den tollen 4. Rang. Der eingeschlagene Weg scheint richtig und sollte – vorerst ohne grosse Experimente – weiterverfolgt werden.
Die Broncemedaillengewinner Pitt Wibawa und seine Partnerin Natalia Horvathova zeigten während des ganzen Turniers eine konstante hohe Qualität und wirkten trotz der kurzen Partnerschaft erstaunlich routiniert. Die Musikalität von Pitt ist wunderbar, und im Standard ist der Look der beiden sehr harmonisch. Dass diese Leistung (in 10 Tänzen!) fast nur mit intensiven Wochenendtrainings erbracht wird, ist erstaunlich und zeugt vom grossen Talent der beiden Partner. Wir sind alle gespannt auf ihren zukünftigen Weg.
Die Silbermedaille ging an Renato Minnig & Sigrun Bögi. Vom ersten Schritt weg drängten sie sich für die beiden Topplätze auf. In den Schwungtänzen sind sie sehr musikalisch, geschmeidig, rund und harmonisch, im Tango ausdrucksstark und energiegeladen. Für die Zuschauer sind sie ein richtiges „Wohlfühlpaar“, das viele Sympathien hat. Leider fehlt etwas der Mut zum Risiko und damit vor allem im internationalen Feld auch der heute erwartete sportliche Look.
Nach der Demission der letztjährigen Sieger Daniel Buhala und Anna Korbutt, mussten die Karten neu gemischt werden. Daniel hat zwar mit Lubomira Blidarova eine neue Partnerin, die aber eine Bänderverletzung am Fuss hat und deshalb nicht starten konnte. Doch schon nach der Vorrunde war für mich klar, dass an dieser SM nur ein Paar als neuer Schweizermeister in Frage kommt: Die Berner Mark Stalder und Yulia Deier tanzten kraftvoll und dynamisch, gingen ans Limit und zeigten modernes, attraktives, mitreissendes Standardtanzen. Ich bin überzeugt davon, dass sie in den nächsten Jahren auch international ihren Weg machen werden.
Standard HK DC
Den Start der Veranstaltung machte die DC-Kategorie in den Standardtänzen. Und diese Paare mussten wirklich fast noch in der Nacht aus den Federn, war der Start doch um 08.30 Uhr für Tänzer ungewöhnlich früh angesetzt. Vielleicht war deshalb die Vorrunde der startenden 6 Paare noch etwas steif und die fünf qualifizierten Paare zeigten im Final eine grosse Steigerung.
Kaum zu glauben, dass der Schweizer Tanzsport in den Einstiegsklassen DC der Hauptkategorie nur sechs Paare haben soll. Wenn ja, sollten Tanztrainer ihre Paare motivieren, möglichst schnell bei den Lizenzierten mitzumachen (spätestens nach ein bis zwei Nichtlizenzierten-Turnieren), damit sich nicht eine Parallel-Szene entwickelt. Zudem sollten Anfängerpaare durch die Organisation von separaten DC-Turnieren die Möglichkeit haben, sich unter „ihresgleichen“ zu messen. Bei den grossen D-S-Turnieren bekommen diese Paare meistens keine Marks und dadurch gar keinen Hinweis, wo sie stehen, was frustrierend ist. Nun aber zur SM:
Sehr auffällig war, dass das spätere Siegerpaar sich schon nach den ersten Schritten für diese Position aufdrängte. Sie traten absolut perfekt aufgemacht und mit einer klaren Haltung und Ausstrahlung auf und überzeugten das Publikum sowie die Wertungsrichter sofort. Das technisch saubere und in der Oberlinie definierte und doch relaxte Tanzen war bestechend. Auch beim Start in der DCBAS-Gruppe machten sie noch eine gute Figur.
Bei Florian Fruhmann & Barbara Moll, die den zweiten Platz erreichten, fiel mir neben ihrem soliden Tanzen sehr positiv die Freude auf, die die beiden ausstrahlen. Tip für den Herrn: Kraft und Anstrengung sollte man nicht dem Gesichtsausdruck entnehmen, sondern nur in der Körpermitte erahnen.
Waren Pierre-Yves Richoz & Audrey Etter wohl zufrieden mit dem 3. Rang? Durch ihre etwas unauffällige Ausstrahlung musste man sie auf der Tanzfläche suchen, dann fielen sie aber durch gute Ansätze zum Schwung und einige sehr schöne Passagen auf. Das Paar kann auf seine Leistung stolz sein und sollte dies in Zukunft auch von innen her ausstrahlen! Das Beobachten und „Kopieren“ von erfolgreichen Paaren kann oft schon helfen, den eigenen Look zu verbessern.
Das noch sehr junge Paar Kevin Ranftl & Sara Melissa Schnellmann wirkte noch etwas unsicher auf der Fläche. Mit sauberem Tanzen erreichten sie den 4. Rang an dieser SM, so dass sie sich in Zukunft mit mehr Selbstbewusstsein präsentieren können. Sie sind auf dem richtigen Weg.
Den 5. Rang im Final ertanzten sich Daniele Mollo & Muriel Baeriswyl, ein sehr elegantes, grosses Paar mit perfektem Standard-Look. Noch fehlt die Einheit zwischen den beiden z.B. durch besseres gemeinsames Absenken.
Vielleicht ist hier der Platz, alle Paare (auch die der oberen Klassen) nochmals daran zu erinnern, dass das Tanzen im richtigen Takt und Rhythmus in allen fünf Tänzen das erste Wertungsrichterkriterium ist.
Generelle Bemerkungen zum Anlass
Ein grosser Dank geht an das OK rund um Marc-Frédéric Schäfer. Jedoch: Die Organisation und Durchführung eines zweitägigen Grossanlasses mit einer so kleinen OK- und Helfer-Gruppe ist bewunderns-, aber nicht erstrebenswert. Es kann bei den knappen Ressourcen nicht die Aufgabe der Verbandsspitze sein, eine SM auf die Beine zu stellen. Soweit ich mich erinnern kann, war die ursprüngliche Idee, dass der STSV eine SM-Gruppe bildet, die über mehrere Jahre den Klubs zur Seite gestellt wird, damit wichtiges Know-How nicht verloren geht und es z.B. auch gegenüber Sponsoren eine Kontinuität gibt. Dieser Grundgedanke sollte wieder aufgenommen werden.
Geschachtelte Finals
Zwei ineinander geschachtelte Finalrunden haben zwar den Vorteil, dass man Zeit sparen kann und dass sie für die Tanzpaare wesentlich weniger anstrengend sind als ein normaler Final, jedoch kommt im Saal keine Stimmung auf, wenn die Paare immer sofort nach dem Tanz die Fläche verlassen und sich nicht beklatschen lassen können. So wird verhindert, dass die Stimmung (die ja auch für die Paare unvergleichlich ist) steigt, indem sich die verschiedenen Fangruppen durch das Anfeuern ihrer Favoriten gegenseitig hochschaukeln.
Siegerehrungen
Bei so vielen Siegerehrungen sollten die Turnierpaare Vernunft walten lassen und die Gratulationszeremonie bei ihren (nota bene schlechteren) Konkurrenten auf später verschieben. Ich plädiere dafür, dass diese eigentlich unsinnige, zeitraubende und fürs Publikum wirklich nicht attraktive „Tradition“ endlich wieder verschwindet.
Zuschauer und Fans
Wo waren die Clubmitglieder und Tanzschüler, die ihre Turnierpaare anfeuern? Ausser ein paar wenigen Berner Fähnchen waren keine Fangruppen auszumachen. Ziel sollte sein, dass an der nächsten SM nicht nur ein Wettkampf auf der Fläche, sondern auch einer auf der Tribüne und an den Tischen stattfindet, wer die besten Fans hat. Dies ist eine Aufforderung an die Klubs, in Zukunft wieder mehr Werbung für die SM zu machen und dem Anlass die entsprechende Wichtigkeit beizumessen.
Und zum Schluss
Ein grosses Merci an die Tanzpaare, dass sie sich so hervorragend auf diesen Tag vorbereitet und uns Zuschauern dadurch einen spannenden Turniertag bereitet haben. Und Danke vor allem auch ans OK und alle Helfer für die unzähligen Stunden, die sie für diesen Anlass aufgewendet haben. Es hat sich gelohnt!
Bericht: Brigitte Stäldi-Trachsel
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Standard – Hauptkategorie – DCBAS |
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Rang | Herr | Dame | Club |
1. | Mark Stalder | Yulia Dreier | TTKB |
2. | Renato Minnig | Sigrun Bögi | TTZ |
3. | Pitt-Alexander Wibawa | Natalia Horvathova | MDA |
4. | Beat Künzi | Barbara Krebs | TTKB |
5. | David Büchel | Flavia Landolfi | MDA/DUZ |
6. | Mariano Antoniello | Sara Pellegrino | ALDL |
7. | Joep Mutsaerts | Sulekha Buhala-Mukherjee | DUZ |
8. | Nemanja Buovski | Anna Garevskikh | TTZ/DUZ |
8. | Fabio Landolfi | Angela Landolfi | DUZ |
10. | Matteo Annoscia | Alessia-Allegra Gigli | DUZ |
10. | Casper Knudtzon | Josephine Knudtzon | DUZ |
12. | Razvan Ionita | Catherine Pisarenko | DUZ/TSCZ |
13. | Felix Locher | Silvia Nater | TTZ |
14. | Martin Märki | Vera Rüegger | DUZ/TTZ |
15. | Timothée Gisler | Volodia Bertrand | TDSZ |
16. | Alexander Hobbs | Xenia Ewert-Bernhardt | STEPS/DUZ |
17. | Flavio De Sa | Diana Schell | DUZ |
18. | Daniel Danciu | Sina Meyer | DUZ |
19. | Martin Kupper | Gabriela Spirig | TDC |
20. | Pierre-Yves Richoz | Audrey Etter | kdc |
21. | Florian Fruhmann | Barbara Moll | DUZ/HDB |
22. | Daniele Mollo | Muriel Baeriswyl | TDSZ |
22. | Martin Bucher | Jessica Schmutz | ALDL |
22. | Stefan Maue | Petra Vilt | TSB |
22. | Kevin Ranftl | Sara Melissa Schnellmann | TDC |
Standard – Hauptkategorie – DC |
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Rang | Herr | Dame | Club |
1. | Martin Kupper | Gabriela Spirig | TDC |
2. | Florian Fruhmann | Barbara Moll | DUZ/HDB |
3. | Pierre-Yves Richoz | Audrey Etter | kdc |
4. | Kevin Ranftl | Sara Melissa Schnellmann | TDC |
5. | Daniele Mollo | Muriel Baeriswyl | TDSZ |
6. | Martin Bucher | Jessica Schmutz | ALDL |
7. | Razvan Ionita | Catherine Pisarenko | DUZ/TSCZ |